Japanisch für Anfänger und Fortgeschrittene.

Japanese Lesson: Im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe tritt das Düsseldorfer Künstlerduo Katja Stuke und Oliver Sieber in einen intensiven Dialog mit der dort beheimateten Sammlung japanischer Fotografie

Wie von einem anderen Stern: Dass Exportschlager aus Japan immer wieder für Überraschungen gut sind, bewies erst kürzlich der blutjunge Überflieger Ryoyu Kobayashi, der mit seinem furiosen Auftritt alle Springen der Vierschanzentournee gewann und die Konkurrenz aus Europa alt aussehen ließ. Als Vermittler zwischen der japanischen und der deutschen Kultur versteht sich das Düsseldorfer Künstlerduo Katja Stuke (Jahrgang 1968) und Oliver Sieber (Jahrgang 1966). Seit 2005 untersuchen die beiden in einem umfangreichen Gesamtprojekt bestimmte Aspekte der japanischen Protest- und Subkultur und setzen sie durch künstlerische Prozesse in Bezug zu ähnlich gelagerten Phänomenen in Deutschland.

Esther Ruelfs, die Leiterin der Sammlung Fotografie und neue Medien am Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe (MKG), hat die beiden Japan-Kenner jetzt eingeladen, im Rahmen der Ausstellungsreihe „Fotografie neu ordnen“ ihre eigenen Werke mit rund 40 historischen Holzschnitten und Fotografien aus der umfangreichen Japan-Sammlung des Museums in Dialog zu setzen. Die Ausstellung trägt den Titel „Japanese Lesson“ und nimmt damit einen Begriff auf, den Stuke und Sieber für einen Werkkomplex gewählt haben, in welchem sie sich seit 2011 mit diversen Aspekten des japanischen Alltags auseinandersetzen. Im Fokus stehen dabei Ausdrucksweisen der Jugendkultur, Erscheinungsformen von Protest und Aktivismus sowie Spielarten der Subkultur. Auf ausgedehnten Spaziergängen mit der Kamera erforschen sie zudem urbane Konfliktzonen in Großstädten wie Tokio und Osaka.

In ihrer ebenfalls „Japanese Lesson“ betitelten Video-Arbeit montieren Stuke und Sieber in schneller Abfolge ein umfangreiches Konvolut an gefundenem Material und eigenen Aufnahmen vom klassischen Farbholzschnitt über Manga und Film-Stills bis zu Aufnahmen vom Atombombenabwurf über Hiroshima. Diesen bildgewaltigen Auftakt konterkariert die Ausstellung allerdings auch mit spröderen Exponaten wie beispielsweise den „Walking Meditations“. Hierfür hat das Künstlerduo zu Fuß eher prekäre Stadtviertel durchstreift, in denen seit Jahrzehnten ausgegrenzte Personengruppen wie Tagelöhner und neuerdings auch Rucksacktouristen unterkommen. Ihr rhythmisches Fotografieren und „Auf-den-Alltag-Schauen“, bei dem immer auch der Faktor Zeit eine Rolle spielt, korrespondiert perfekt mit Arbeiten aus den 1970er Jahren.

Beispielsweise der Schwarz-Weiß-Fotografie „Towards the City“ von Takanashi Yutaka. Yutaka fotografierte damals aus dem fahrenden Wagen heraus Brachflächen am Rande der Autobahn. Die Katastrophe von Fukushima, die Präsenz amerikanischer Militärstützpunkte sowie die Überwachung des öffentlichen Raums sind weitere Themen der abwechslungsreichen Ausstellung.

Ein besonderes Augenmerk richtet die Schau auch auf das Medium Fotobuch, das in Japan schon immer einen besonderen Stellenwert hat und häufig in aufwendig ausgestatteten Kleinstauflagen produziert wird. Katja Stuke und Oliver Sieber, die unter anderem auch als Kleinverleger tätig sind, präsentieren eine Auswahl ihrer eigenen Sammlung japanischer Fotobuchraritäten sowie besondere Exemplare aus der Sammlung des MKG. Dare Mag. Nicole Buesing und Heiko Klaas.